Seit 30 Jahren begleiten die Dresdner Reden das Zeitgeschehen. Jedes Jahr laden die Sächsische Zeitung und das Staatsschauspiel Dresden Persönlichkeiten des nationalen und internationalen Kultur- und Geisteslebens ein, im Schauspielhaus eine Rede zu halten. Verbunden sind diese Reden durch den ‚Gedanken zur Zeit‘, ein vorgegebenes Motto gibt es nicht. Im Jubiläumsjahr 2022 finden die Reden erstmals seit Beginn der Pandemie wieder traditionell im Februar statt.
Der Vorverkauf für die DRESDNER REDEN 2022 beginnt am Montag, dem 17. Januar 2022 um 10.00 Uhr.
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Sonntag, 6. Februar 2022, 11.00 Uhr
Mithu Sanyal, Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin
„Politics of Love / Wie politisch ist Liebe?“„Liebe und Politik gelten als Gegensätze, dabei ist Liebe das, was in Zeiten von Gräben in der Gesellschaft und unüberwindbaren Spaltungen am meisten fehlt. Traditionellerweise haben sich gerade linke Politiken stets auf eine Ethik der Liebe bezogen. Mohandas Gandhi, besser bekannt als Mahatma Gandhi, und Martin Luther King machten Liebe zum Zentrum ihrer Politik, während Liebe für die Linke heute beinahe zu einem schmutzigen Wort geworden ist und nach Rückzug ins Private und Neoliberalismus riecht.“ Die Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal fragt in ihrer Dresdner Rede danach, ob wir mehr Liebe brauchen, um über Utopien und Visionen sprechen zu können, oder was wir von einer Ethik der Liebe für die aktuellen Herausforderungen lernen können. Sie veröffentlichte bereits die Kulturgeschichten VERGEWALTIGUNG und VULVA, zuletzt erschien ihr literarisches Debüt IDENTITTI.
Sonntag, 13. Februar 2022, 11.00 Uhr
Clemens Meyer, Schriftsteller
„Realitätsverluste oder: Komm wieder, Dr. May!“„Die Realität verformt sich, beziehungsweise wird sie verformt. Kolportage wird zur Wahrheit, Lügner werfen Lügenvorwürfe, die große Verschwörung. Was die einen Dummheit nennen, ist für andere unumstößliche Empirie. Das Netz der Verwirrung legt sich über die Gesellschaft. Spinnen sitzen in diesem Netz, Gift in den Drüsen. Kann nur Dr. Karl May, der große sächsische Märchenerzähler, mit seinen humanistischen und verrückten Helden helfen, oder sind die schon im Irrenhaus oder auf der Bahnhofsmission?“, fragt der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer, der u. a. mit seinen Romanen ALS WIR TRÄUMTEN und IM STEIN bekannt wurde.
Sonntag, 20. Februar 2022, 11.00 Uhr
Klaus Töpfer, Politiker
„Wissenschaft und Demokratie – ein Spannungsfeld?“„Die weltweite Staatengemeinschaft wird durch die Corona-Pandemie und den Klimawandel zu disruptiven Veränderungen herausgefordert. Es wächst daraus national und global die Verpflichtung, die Handlungsstrategien auf wissenschaftlicher Grundlage zu entwickeln. ‚Wir folgen der Wissenschaft‘ ist in vielen Demonstrationen, gerade junger Menschen, eine gebieterische Forderung. Demokratisch legitimierte Entscheidungen in einer offenen Demokratie bedürfen der Zustimmung einer Mehrheit in der Bevölkerung. Die offenen parlamentarischen Demokratien sind auf Entscheidungen über Alternativen ausgerichtet. Diese Spannungsfelder müssen dringlich immer wieder justiert und dynamisch fortentwickelt werden.“
Klaus Töpfer war unter anderem von 1987 bis 1994 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Regierung von Helmut Kohl und als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen tätig.Sonntag, 27. Februar 2022, 11.00 Uhr
Svenja Flaßpöhler, Philosophin, Journalistin, Autorin
„Erkenntnislust“„Die Magie eines gelungenen Gesprächs liegt darin, dass es alle Beteiligten verändert. Mit einem Mal zeigt der verhandelte Gegenstand eine andere Seite, die bisher im Verborgenen lag. Sokrates war ein Meister dialektischer Gesprächsführung: Kollektiven Gewissheiten begegnete er mit Zweifel, um so höhere Einsichten zu ermöglichen. Die Kunst der Dialektik ist heute, in einer Zeit zunehmender Polarisierung und Verhärtung, notwendiger denn je. Gegen Hass, Arroganz und Konformismus hilft nur die unerschrockene Erkenntnislust der Philosophie.“
Svenja Flaßpöhler ist Chefredakteurin des PHILOSOPHIE MAGAZIN und hat zuletzt das Buch SENSIBEL: ÜBER MODERNE EMPFINDLICHKEIT UND DIE GRENZEN DES ZUMUTBAREN herausgebracht.Quelle: www.staatsschauspiel-dresden.de