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Kabinettausstellung in der Drehscheibe mit frühen Grafiken aus den Jahren 1919/20 von Christoph Voll
Der Bildhauer, Grafiker und Aquarellist Christoph Voll hatte eine traurige Kindheit. Sein Vater, ein Bildhauer, starb wenige Jahre nach der Geburt des Sohnes und die Mutter gab die Kinder in fremde Pflege. Dadurch verbrachte Voll den größten Teil seiner Kinderzeit in der Kinderbewahranstalt oder im Waisenhaus. Die dort vorherrschende Gefühllosigkeit und Strenge führten zusammen mit der Angst vor Ausgeliefertsein und Verlassenheit zu einer jahrelangen Traumatisierung.
Mit 14 Jahren nahm ihn seine mittlerweile in Potschappel lebende Mutter wieder auf und ermöglichte ihm die ersehnte Bildhauerlehre, die er von 1911 bis 1915 in Dresden absolvierte. 18-jährig meldete er sich 1915 in den Krieg. 1919 kam er nach Dresden zurück und wurde an der Akademie der Bildenden Künste der Einzelschüler von Selmar Werner. So kam Christoph Voll auch mit den jungen Künstlern der gerade gegründeten Dresdner Secession Gruppe in Kontakt und wurde deren Mitglied. Doch schon 1924 verlässt er Dresden endgültig und wird Professor in Saarbrücken.
In jener kurzen Dresdner Zeit entstanden etwa 35 expressive Kaltnadelradierungen in splittrig-sperriger Formenauflösung und mit sehr vereinfachten Umrissen. Voll entwickelt mit ihnen einen markanten frühen Stil und prägte damit auch die expressionistische Dresdner Grafik. Doch anders als der ebenfalls von der Front heimgekehrte Otto Dix verarbeitete er nicht seine traumatischen Kriegserlebnisse, er arbeitete die schmerzliche, verlorene Kindheit auf, reflektiert seine Erinnerungen an eine Zeit der Einsamkeit, Verlorenheit und unerfüllten Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Mit diesen „autobiografischen“ Radierungen hat Christoph Voll das bestimmende Thema seiner Druckgrafik gefunden. Nach seinem Weggang aus Dresden wird es keine Fortsetzung geben.
Quelle: Schlösserland Sachsen